Bremsen

Alle Angaben ohne Gewähr, die Daten sind vom WWW oder den Renault Manuals (P.R.884 / P.R.1054 / M.R.128), wenn die Information von mir ist, ist es aus dem Text heraus ersichtlich.

Einkreissystem

Das Einkreissystem wurde mit einem einfachen Hauptbremszylinder (ohne Bremskraftverstärker) ausgerüstet – der eine Abgang geht über ein T-Stück auf die Vorderräder. Der andere Anschluss geht über ein an der Hinterachse befestigtes T-Stück auf die Hinterräder.
Es gab eine R2137 Einkreis-Version mit Bremskraftverstärker.

Zweikreissystem

In MR128 werden Schweden und die Schweiz speziell erwähnt und wurden wohl als erste Länder mit Zweikreis Estafetten beliefert. Eine entsprechende gesetztliche Regelung wurde EG weit 1973 eingeführt.
Gemäss P.R.884 wurde das Einkreis System bis 76 im Programm geführt.

Bei der Estafette handelt es sich um eine sogenannte “Vier- und Zweiräder-Bremsanlage”: Das Vier- und Zweiräder-Bremssystem wird auch als HT-Aufteilung bezeichnet. Alle Räder teilen sich hierbei einen gemeinsamen Bremskreis. Der zweite Bremskreis ist unabhängig und steuert nur die Bremsen der Vorderachse. Aus diesem Grund besitzen die Räder der Vorderachse auch zwei Bremszylinder (respektive bei der Estafette zwei Bremskammern pro Zylinder).

Erster Kreis: die zwei hinteren Kammern sind mit den zwei Hinterradbremszylindern gekoppelt
Zweiter Kreis: die zwei vorderen Kammern sind zusammen gekoppelt.

https://de.wikipedia.org/wiki/Zweikreisbremsanlage

Hauptbremszylinder

Bei den den Estafette Modellen wurden parallel verschiedene Hauptbremszylinder verwendet
Hier sind nur die letzten 3 verwendeten Versionen beschrieben
Für die zwei früheren Versionen (vor 67) möchte ich auf Ancien verweisen:

https://vehicules-anciens.fr/fr/shop/maitres-cylindres-estafette

Einkreis Hauptbremszylinder Ø 20.63mm
Ab 1967 (R2133, R2134 … R2137)
gem. Ancien bereits ab 1964

https://vehicules-anciens.fr/fr/shop/ma%C3%AEtre-cylindre-estafette-r2132,-r2133,-r2134,-r2135,-r2136,-r2137va5822-21326737

Einkreisbremszylinder – Bremslicht Druckschalter FAE 21040 mit 7/16″ UNF
https://vehicules-anciens.fr/fr/shop/contacteurs-feux-stop-estafette

Einkreis Hauptbremszylinder Ø 19.05mm Mastervac
Ab 1972 bis 76 (nur R2137), dieser wurde zusammen mit dem Master Vac Bremskraftverstärker verwendet. Die aktuell erhältliche Version scheint keinen Anschluss mehr für den Bremslicht Schalter zu haben, gem. MR128 wurde der Anschluss mit einer Schraube
Gewinde 7/16″ UNF verschlossen (dasselbe Gewinde wie bei den Sicherheitsgurten)
-> Einkreis mit mechanischem Bremslicht-Schalter

https://vehicules-anciens.fr/en/shop/master-cylinder-estafette-r2137-simple-circuit-with-mastervac-va5822-213738


Zweikreis Hauptbremszylinder Ø 19.05mm Mastervac
Ab 1972 bis 80 (R2136 & R2137), wurde zusammen mit dem Master Vac Bremskraftverstärker verwendet.
Dieser Zylinder besitz keinen Anschluss für den Bremslicht Schalter

Haupbremszylinder Nacharbeiten, Tolleranz ?
Selber habe ich keine Hauptzylinder nachgearbeitet, und denke das man dazu eine professionelle stationäre Hon-Maschine haben müsste um eine gute Qualität zu erhalten (Zylindrizität / Konizität und Oberfläche)
Auch ist der Ø mit 19mm zu klein für die gängigen Hobby-Honwerkzeuge für die Bohrmaschinen
Vorallem der Zweikreis Tandemzylinder hat eine respektable Länge, da ist die Gefahr gross dass man noch mehr Schaden anrichtet
Hier würde ich von Nachbearbeitungen abraten – abgesehen vom Reinigen.
Die Zylinderwandung muss glatt sein und sie sollte keine Unregelmässigkeiten aufweisen (z.B. Korosionsringe im Bereich der Ruheposition der Dichtmanschetten).

Rep Sätze Hauptbremszylinder
Für den Einfachen Zylinder gibt es Kits mit den Lippendichtringen, und manchmal wird ein Rep-Kit inklusive Kolbenstange aus New-Old-Stock (NOS) angeboten.
Für den Zweikreiszylinder habe ich jedoch nur die Lippendichtringe im Set gefunden.
Gemäss MR128 dürfen die Hauptbremszylinde Kolbenstangen selber nicht demontiert werden. Das heisst wenn man einen noch guten Zylinder weiterverwenden will muss man wohl gegen die MR128 verstossen (!)

Rep.-Sätze Einkreis Hauptbremszylinder (Ø20.63)
RENAULT 855610300
(FRENKIT 119006, 120007 – beide ungeprüft)

https://www.franzose.de/de/Renault/Estafette/Hauptbremszylinder/ANR84291/

Rep.-Sätze Einkreis Hauptbremszylinder (Ø19.05)
RENAULT 7701200197

https://www.franzose.de/de/Renault/Estafette/Hauptbremszylinder/ANR84293/

Rep.-Sätze Zweikreis Hauptbremszylinder (Ø19.05)
RENAULT 7701200762
RENAULT 7701201663
RENAULT 7701013853 (P.R.884, P.R.1054)
(FRENKIT 119058 nicht identisch / SEINSA D1053 ungeprüft)

Die Bilder der im WWW angebotenen Reparatur Sätze sind sehr undeutlich und der Inhalt ist so kaum zu verifizieren. Einige der Reparatur Sätze enthalten auch Teile die nicht benötigt werden
Auch gibt es starke Preisabweichungen vom mehreren hundert % .

Aufgrund der Referenz Liste auf yoyopart.com bin ich auf FRENKIT 119058 gestossen und habe – weil günstig – gleich 3 Stück bei Ebay.de bestellt bestellt (zum Glück)
Leider stimmt der Inhalt nicht – von den breiten 3 Dichtlippen (rot) gibt es nur ein Stück, von den schmalen 2 blau) hingegen deren 4

Zweikreis Hauptbremszylinder Dichtlippen wechseln
Wenn die alten Dichtlippen in einem guten Zustand und noch nicht wirklich abgenutzt sind – d. h.
keine Verletzungen haben, die Konsistenz des Gummi in Ordung ist und die Lippen eine ausreichend scharfe Kante haben, habe ich sie auch schon wiederverwendet.
Hier ein Beispiel neue Dichtungen (links), abgenutzt (rechts)

Zweikreis Druckabfall Kontakt

Zusätzlich ist bei der Estafette ein Druckabfall Kontakt (Differenzdruckwarnschalter) eingebaut: bei Druckdifferenz zwischen dem ersten Kreis (gelb*) und dem zweiten Kreis (schwarz*), schaltet der Druckabfall Kontakt (rot*) auf Masse und die Warnleuchte im Armaturenbrett leuchtet (rot). Die Armaturenbrett-Warnleuchte ist in einem Kippschalter eingebaut, so kann man prüfen ob die Birne ok ist.
* zweites Bild oben auf dieser Seite
Auf dem WWW findet man wenig Informationen zu solchen Druckabfall / Druckdifferenz Warnsystemen – ein ähnliches wie bei Estafette gabe es für Opel Rekord/Ascona in der Schwedenausführung
Oder auch beim Simca und Renault Alpine:
http://www.simca-competition.com/t12542p50-soucis-frein-bocal-1-se-rempli-bocal-2-se-vide
https://alpinea310ve.blogspot.com/2017/05/icp-indicateur-de-chute-de-pression.html

Funktion
Die zwei Kolben gelb/grau (2) werden von Federn zentriert (3)
Wenn eine Seite eine Druckminderung erfährt wird der gegenüberliegende Kolben an den Kontakt Pin (1) in der Mitte gedrückt
Für eine korrekte Funktion müssen die O-Ringe (4) und die Bohrung in Ordnung sein:

Der Druckabfall Kontakt muss um 30 Grad geneigt montiert werden

Neubeschaffung
Bendix: 683058B (von mir nicht geprüft)
Renault: 7701018641

https://vehicules-anciens.fr/fr/shop/estafette-renault-freinage-icp-indicateur-chute-pression

Druckabfall-Kontakt und Kontrolllampe im Armaturenbrett testen
Entlüftungsschraube bei einem der vorderen Bremszylinder_Kammern leicht aufdrehen und so eine kleine Leckage verursachen. Dann Zündung einschalten und Bremse betätigen – die Warnlampe muss aufleuchten.
Dann Entlüftungsschraube festziehen und eine der Entlüftungsschrauben an einem Zylinder des zweiten Kreises leicht öffnen und erneut Warnlampe prüfen.
Je kleiner die Leckage, desto höher muss der Bremsdruck sein um genügend Druckdifferenz aufzubauen.

Druckabfall Kontakt überarbeiten
Darf gemäss MR128 nicht demontiert werden. Die Frage stellt sich dann was man machen soll wenn kein Neuteil erhältlich ist – die 40-jährigen, deformierten, O-Ringe und die vermuteten Ablagerungen am Kontaktstift einfach ignorieren ? – oder besser den Druckabfall Kontakt aufarbeiten?

Im Bereich der Dichtringe können sich – wie bei den Hauptbremszylindern – “Korosionsringe” bilden. Bei den 4 Kontakten die ich geöffnet habe, gab es bei dreien sichtbare ringförmige Vertiefungen im Bereich der Kolben-Ruhestellung – wobei im unteren Bereich die Korosion stärker war
Bei allen Kontakten waren sichtbare Verformungen an den O-Ringen vorhanden.
Mangels geeigneter Honahle, habe ich mir aus 8mm Rundholz einen Honstock gebastelt. Für das Aufbereiten der Bohrungen habe ich Poliertuch verwendet, bei zwei Kontakten musste ich zuerst Schleiftuch mit Körnung 300/400 verwenden. Bei der Louise gab es kaum sichtbare Stellen – hier habe ich nur kurz mit Poliertuch gehont, gereinigt und mit O-Ringen 5×9 wieder zusammengebaut.
Beim Einführen der Kolben war bei allen immer ein deutlicher Widerstand zu spüren, was auf einen genügenden Anpressdruck der O-Ringe schliessen lässt.
Man muss aufpassen das die Kolben nicht zu tief eingeschoben werden sonst könnte der O-Ring von der scharfkantigen Kontakt-Stift-Bohrung verletzt werden,

Radbremszylinder

Bei den Estafette-Modellen wurden verschiedene Radbremszylinder verwendet. Für Details möchte ich auf Vehicule-Ancien verweisen: https://vehicules-anciens.fr/fr/shop/freinage-au-modele-estafette

Einkreis
Vorne Ø 28.57mm – Schlauchanschluss gekröpft – ab 1959 bis 71 (zwei Versionen)
Vorne Ø 28.57mm – Schlauchanschluss schräg – ab 1972 bis 80 (eine Version)
Hinten Ø 22mm – ab 1967 bis 80 (drei Versionen)

Mein Couchette von 1970 hatte die Version mit gekröpftem Anschluss – Vehicule Ancien hat jedoch das letzte Modell mit schrägem Schlauchanschluss geliefert (Modell ab 1972) – es war etwas schwieriger die Schläuche einzuschrauben , aber schliesslich hat s gefunzt 🙂 –> siehe Couchette: Couchette Bremsen

Zweikreis
Vorne Ø 28.57mm – mit zwei Schlauchanschlüssen – ab 1972 bis 80 (eine Version)
Hinten Ø 22mm – Zylinderversion ab 1967 (letzte Version)

Verrostete Zweikreis Radzylinder demontieren
Die Zylinder haben zwei Kammern und können nicht einfach ausgepresst werden. Wenn die aussen sichtbaren Zylinder/Kolben-Ränder im guten Zustand – d.h. nicht verrostet – sind, können sie meist mit Pressluft ausgetrieben werden. Falls das nicht geht und man die Kolben auch durch Schläge nicht lösen kann, sind die Kolben vermutlich festgerostet.
In so einem Fall ist sowieso einen Reparartur Satz, der neue Kolben beinhaltet, fällig – somit kann man getrost Löcher in die Kolben bohren, Gewinde schneiden und so die Zylinder herausziehen –> siehe Louise: Chassis & Bremse

Radbrems-Zylinder Nacharbeiten, Tolleranz
Das Honen mit den (billigen) Drei-Arm-Honahlen und neuen Steinen ergibt am Anfang ein recht grobes Bild. Mit einer gewissen Abnutzung der Steine wird die Oberfläche feiner, kommt aber nicht an Feinheit neuer Zylinder heran. Vermutlich leidet auch die Geometrie der Bohrung (Ovalität/Konizität) wenn man viel Material abträgt.
Konkrete Angaben wieviel im Ø gehont werden darf (Toleranzgrenze) habe ich weder in den Estafette Manuals noch im WWW gefunden.
Nach meinen Erfahrungen mit unseren Estafetten liegen 6-8 hundertsel drin. Je nachdem, können sich scheinbar harmlose Roststellen als recht tiefe Gräben heraustellen und das Nacharbeiten wird sinnlos.

Rep Sätze

Rep Sätze Hinten
Renault 77 01 011 262 (Ø22mm)

Rep Sätze vorne
Renault 7701200689
FRENKIT 328003 (Ø28.6mm, ungeprüft)

https://www.frenkit.es/en/brake-catalogue/online-catalogue/eu?stype=text&cat=&q=328003

Hinterrad Bremskraftbegrenzer Ventil

Ab 1967 wurde teilweise (R2132) ein Bremskraftbegrenzer Ventil verbaut – später bei allen R2136/37.
Das Begrenzungsventil ist an der Hinterachse befestigt und wird über eine Lasche aus Federstahl bei einer bestimmten Achslast geöffnet
Gem MR128 gib es die Betätigungslaschen mit unterschiedlichen Stärken (3.6 4 mm ).

Rad blockiert

Wenn das passiert, sind wahrscheinlich die Schläuche gequollen – die Bremsflüssigkeit kann nicht mehr zurückfliessen und das Rad blockiert oder ist schwergängig. Dies ist von aussen nicht sichtbar- die Schläuche scheinen in gutem Zustand, ohne Risse. Dies war so bei dreien unserer Estafetten.

Bocal reparieren?

Die Bocal sind oben, wo sie gegen den Deckel abdichten sollten, oft defekt – scharfkantig ausgebrochen.
Gute Bocals sind desshalb Mangelware.
Bei der Louise habe ich den einen Bocal mit UHU Epoxy Zweikomponentenkleber “auch bekannt als Araldite” repariert. Auf Riskio, ohne zu wissen ob der Kunsstoff gegen Bremsflüssigkeit resistent ist. Nach 1.5 Jahren sitzt das angeklebte Stück Glas immer noch bombenfest (erstes Bild)

Es wäre interessant zu wissen ob das Epoxy auch als Glasersatz funktionert


Versuch Epoxy:
habe nun ein Bocal mit Zweikomponentenkleber (wieder UHU) gefüllt, mit Feile Gewinde nachgebildet und direkt in Bremsflüssigkeit eingelegt. Leider weicht das Epoxy schon nach einem Tag auf und kann leicht mit dem Daumennagel agekratzt werden

Versuch Polyester:
Der Farbton ist leicht gelblich, stört aber nicht. Nach einem Tag in der Bremsflüssigkeit ist die Oberfläche (gefühlt) gleich hart.
Ich lasse das Bocal in der Bremsflüssigkeit stehen, mal schauen ….